Gegen die Vergeßlichkeit.

Zu den Arbeiten von Dirk Otto

Das Leben beschleunigt sich unaufhörlich, die Eindrücke werden kurzfristiger, die Erinnerungen flüchtiger. Wer intensiv mit allen Sinnen erlebt, wer sich Zeit nimmt für Dinge und Personen, wer noch Stimmungen empfindet und registrieren kann, der lebt intensiver und wird immer nahe am Wesentlichen sein. Dirk Otto gehört zu ihnen. Er arbeitet unspektakulär und eher still, ohne zeitmodische Attitüde und dafür mit einem schelmisch-hintergründigen Bildverstand. Dirk Otto ist Zeichner und Maler, verbindet also die konturierende Linie mit der Flächigkeit des Farbauftrags. Steht das eine eher für die Beobchtung, so äußern sich im anderen die Lust am inspirierenden Malakt ebenso wie das Vergnügen, einer Idee die Form abzuringen. Beide Formwege fließen untrennbar in den Arbeiten Ottos ineinander, gehorchen keinem bild- und augenblicksfremden Prinzip, sondern hängen eng mit dem jeweiligen Bildprozeß zusammen. Sie stimulieren den Maler bei der Suche nach dem Kern des Themas und helfen ihm, dieses nach jeder Richtung hin abzutasten.

Dirk Ottos besondere malerische Fähigkeit liegt in einer gedeckten Farbigkeit, die sich jeder Grellheit enthält und dafür an Stimmigkeit im Bildganzen und im Themenbezug ganz entscheidend gewinnt. Auch wenn er deutlich abstrahiert, bleibt er dennoch dem Gegenständlichen verbunden, bleiben seine Bilder und Zeichnungen "lesbar", bleiben Konzept und Bildwerdung nachvollziehbar. Seine inhaltlichen Absichten und Formprozesse kreisen um Landschaft, Akt, Geschichte und Erinnerung. So bilden die Auseinandersetzungen mit den Marmorfragmenten des Schiffes von Mahdia in malerischen und zeichnerischen Metamorphosen einen Schwerpunkt der letzten Arbeiten. Sie sind wie alle malerischen, inhaltlichen Ansätze Ottos im Grunde genommen ein persönlicher Beitrag zur ewigen Frage von Tradition und Innovation, von Vergangenheit und Zustrom. Der Maler Dirk Otto setzt künstlerische Zeichen kompositioneller und sinnhafter Natur gegen die Vergeßlichkeit.